Für die Ausstellung „Mode schauen“ wurde eine Halskrause nach einem Original von 1580/1600 hergestellt.
Mode schauen
17. Juni bis 3. Oktober 2021
Fürstliche Garderobe vom 16. bis 18. Jahrhundert
17. Juni bis 3. Oktober 2021
Kleidermoden waren in vergangenen Zeiten ein Spiegelbild wirtschaftlicher und kultureller, aber auch (gesellschafts-) politischer Verhältnisse. Das Tragen von Gewändern aus luxuriösen und aufwendig verarbeiteten Materialien, die dem neuesten Trend folgten, oblag einem elitären Kreis und diente als Zeichen sozialer Distinktion. Auch in Porträts, die das eigene Konterfei für die Ewigkeit festhalten sollten, galt es, sich in standesgemäßer Kleidung zu inszenieren.
Gemeinsam mit Realien und schriftlichen Quellen wie Inventaren nimmt die Ausstellung Mode schauen einige Gemälde der Habsburger Porträtgalerie in den Fokus und spürt repräsentativer Kleidung von der Renaissance bis zum Barock nach. Welche Gewänder waren in Verwendung, was verraten sie über die Träger*innen und wie wirkten sie sich auf deren Körper und Bewegungen aus? Diese und weitere Fragen werden beim „Modeschauen“ gestellt.
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Von der Ordnung
der Kleider
»Item die edel und nicht Ritter sind, mögen sich bekleiden mit Tuch, so gut sie wollen, deßgleichen mit Damast, Atlas und anderen Seiden, auch mit Reh, Marder- und anderen Fellen.«
Kleiderordnung Kaiser Maximilians I. für die österreichischen Länder
Kaiser Maximilian I. (1459–1519) – ein glanzvoller Auftritt
Das Ständebewusstsein sowie wirtschaftliche Belange sorgten vom Mittelalter bis ins 17. Jahrhundert für den Erlass gesetzlicher Kleidungsvorschriften. Diese reglementierten weniger bestimmte Kleidermoden und -formen, sondern vielmehr das Tragen von kostbaren Materialien wie Pelz, von teuren Stoffen und von Schmuck sowie den Einsatz von Farben.
Somit beförderten sie den Erhalt der Standesunterschiede und banden mittels Einfuhrverboten von Luxusprodukten die Kaufkraft an das eigene Land.
Italienisch, spätes 15. Jahrhundert
Seide, Metallfäden, figurierter Samt
MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien, Inv.-Nr. T 3800
Prachtentfaltung galt bereits im späten Mittealter als Tugend und war für einen Kaiser geradezu obligatorisch, brachte sie doch seinen Machtanspruch deutlich zum Ausdruck. Hierzu gehörte auch eine adäquate Kleidung, die nicht nur vom Kaiser selbst, sondern auch von seinem Hofstaat erwartet wurde.
Kaiser Maximilian I., der ständig unter Geldnot litt, musste sich nicht selten verschulden, um die kostbaren Gewebe aus Venedig, Florenz oder Mailand für seine Garderobe anzuschaffen. Bisweilen streckte sogar sein Hofschneider Martin Trumer die finanziellen Mittel für den Erwerb kostbarer Stoffe vor.
Bianca Maria Sforza (1472–1510) – eine Italienerin in Innsbruck
Werkstatt Bernhard Strigel, 1505/10
Öl auf Holz
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 4404
Die einer reichen Mailänder Familie entstammende Bianca Maria Sforza wurde 1493 die zweite Gemahlin des späteren römisch-deutschen Kaisers Maximilian I. Die umfangreiche Brautausstattung der jungen, modebewussten Italienerin beinhaltete unter anderem vierzig Kleider. Auch in ihrer neuen Heimat Innsbruck ließ Bianca Maria nicht ganz von der italienischen Mode ab, sondern importierte Stoffe und bisweilen Kleider aus Italien. Ein Briefwechsel mit der modeaffinen Mantuanerin Isabella d’Este (1474–1539) belegt, dass sich die Damen gegenseitig über lokale modische Entwicklungen auf dem Laufenden hielten.
1501 erhielt Bianca Maria zwölf Paar Handschuhe und Moschus von Isabella, während sie selbst im Jahr davor ein Kleid nach deutscher Mode übermitteln ließ.
Hoch hinaus
Zu jeder Kleidermode gehörte auch die Formung einer Silhouette. Der optisch verlängerte Körper avancierte immer wieder zum Ideal, demonstrierte er doch Überlegenheit und Dominanz.
War es in der burgundischen Mode etwa der Hennin (eine hohe, konische Kopfbedeckung, üblicherweise mit einem Schleier getragen), der die Silhouette der Damen nach oben verlängerte, so wurden bei den Herren zeitgleich die langen Beine betont.
Die etwa vom 15. bis ins 17. Jahrhundert getragenen Plateauschuhe, sogenannte Chopinen, dienten ebenfalls der Streckung des Körpers unter den immer breiter werdenden Röcken der Damen. Je höher das Plateau der Schuhe war, umso größer war die Abgrenzung zu anderen.
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Politik, Macht, Mode
Mode ist seit jeher mehr als nur Kleidung. Sie ist ein Abbild der Gesellschaft in ihren unterschiedlichen Facetten, das einem temporär vorherrschenden Geschmack folgt und diesen zugleich beeinflusst. In der Vergangenheit prägten die Herrschenden die Mode, nutzten diese zur Machtentfaltung und zeigten damit klare Gesellschaftsgrenzen auf. Spezielle Kleidungsstücke, kostbare Stoffe, extravagante Schnitte und auffällige Farben waren dabei das Werkzeug, um Fürst*Innen ins rechte Licht zu rücken.
Spanien gibt den Ton an
Spanien, das Reich, in dem »die Sonne nicht untergeht«, dominierte Europa ab der Mitte des 16. Jahrhunderts nicht nur politisch, sondern auch in kulturellen Belangen. Das 1548 von Kaiser Karl V. eingeführte Hofzeremoniell und die damit verbundene Mode wurden schließlich Vorbild für andere Fürstenhöfe. Charakteristisch waren eine kühle Eleganz sowie die Farbe Schwarz. Die Männer trugen ein schmalgeschnittenes Wams, kurze Beinkleider und Mantel. Markant bei den Damen war die hochgeschlossene, A-förmige Silhouette.
Das Wams war ein vielseitiges Obergewand, das sich – ursprünglich unter Rüstungen getragen – bereits im Mittelalter als Obergewand der zivilen Bekleidung behaupten konnte.
Spanisches Zeremoniell am Wiener Hof
Martin van Meytens d. J., nach 1745
Öl auf Leinwand
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 3440
Das spanische Hofzeremoniell hatte seine Wurzeln in der burgundischen Hofkultur. In der Enkelgeneration Maximilians I. entfaltete es sich in modifizierter Form in Wien und hatte bis 1918 Gültigkeit. Das Zeremoniell diente der Verherrlichung des Monarchen, um dessen Stellung zu demonstrieren und seine Herrschaft zu legitimieren.
Das Regelwerk prägte öffentliche und private Belange. Betroffen davon war auch die höfische Kleidung, die strengen Richtlinien unterworfen war und anlassbezogen ausgewählt wurde.
À la Française – Frankreich übernimmt das Modezepter
Der politische und wirtschaftliche Niedergang Spaniens, der mit dem Dreißigjährigen Krieg seinen Tiefpunkt erreichte, beeinflusste auch die Mode. Mit dem Aufstieg zur europäischen Großmacht übernahm Frankreich unter Ludwig XIV. das Modezepter. Reminiszenzen des Krieges zeigten sich noch in der Herren- und Damenkleidung; von den Soldaten übernahm man die Längsschlitze beim Wams und den Stulpenstiefel.
Der Sonnenkönig brachte nun eine theatralische, mit Schleifen und Bändern verspielte, und nach der »Spanischen Schwärze« nun endlich bunte Mode.
Frans Luycx, nach 1646
Öl auf Leinwand
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 9425
Das wohl vom französischen König Ludwig XIV. in die Mode eingeführte Beziehen der Absätze mit rotem Leder blieb bis zur Französischen Revolution ein Privileg des Adels.
Farbenspiel
Neben speziellen Stoffen waren auch besondere Farben den Fürsten vorbehalten. »Je teurer, desto besser«, war das Credo, denn das Einfärben der Stoffe war kostspielig.
Neben pflanzlichen Mitteln kamen dafür sogar pulverisierte Edelsteine (Lapislazuli, Smaragd) zur Anwendung. Eine technische Herausforderung stellte dabei die Herstellung von gleichmäßigem Schwarz dar, das die Spanische Hofkleidung dominierte.
Gut gepolstert
Für den Herrscher galt es, imposant in Erscheinung zu treten und Eigenschaften wie Männlichkeit, Stärke, Fruchtbarkeit und folglich die Befähigung zum Regieren zu demonstrieren. Optisch gelang dies mit durch die Betonung von Körperpartien.
In der Herrenmode spanischer Prägung wurde mit Pferdehaar oder Stroh der Gansbauch, eine über die Taille reichende künstliche Bauchwölbung, geschaffen. Markant war auch der gepolsterte Schrittbereich, der als Zeichen der Potenz und folglich des Fortbestands der Dynastie fungierte.
Lucas Cranach d. J., nach 1565
Öl auf Leinwand
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 3252
Der Latz, der im vorderen Schrittbereich die Hosen der Männer schloss, wuchs durch Aufpolsterung zur Schamkapsel heran. Diese gestrickte Seidenhose mit markanter Schamkapsel und modischen Schlitzen wurde ursprünglich von Kurfürst August von Sachsen (1526–1586) getragen.
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Spitzenposition?
Die damaligen Ideale und Regeln für Männer- und Frauenkleidung und der damit einhergehende Einsatz von Stilelementen unterscheiden sich in auffälliger Weise von heutigen Gewohnheiten. Männer zeigen ab dem 16. Jahrhundert Bein, tragen kurze Hosen und bunte Strümpfe, aufwendig geschmückte Roben und Federschmuck. Frauen tragen Mieder, die ihre Brust flach drücken und ihre Weiblichkeit anders betonen, als es heute üblich ist.
Im 17. Jahrhundert sind es die Männer, die durch die Opulenz ihrer Kleidung hervorstechen und Schuhe mit hohen Absätzen tragen! Das 18. Jahrhundert rückt die Damen in den modischen Mittelpunkt, den sie bis heute behalten haben.
Parallelen bei Männern und Frauen finden wir zum Beispiel im Tragen von Halskrausen und Schmuck!
Queen of Fashion – Frauenpower
Königin Elisabeth I. von England ist wie kaum eine andere Frau der Geschichte durch ihr einzigartiges modisches Erscheinungsbild bis heute nicht nur politisch, sondern auch als Stilikone in Erinnerung geblieben. Ihren charakteristischen Stil entwickelte sie zu einer Marke, die sie als jungfräuliche, mit England verheiratete Königin propagierte. Trotz einer dicken Schicht weißen Make-ups, das mit Arsen gemischt und folglich giftig und hautzersetzend war, konnte dieses Image immer schwerer aufrechterhalten werden. Dennoch muss ihr Auftritt aufgrund der luxuriösen Kleider, großen Krägen und kostbarsten Juwelen eine einzigartige Erscheinung gewesen sein.
Das in der Ausstellung gezeigte Bildnis der ca. 45-jährigen Monarchin ist von beinahe privatem Charakter. Als sie nach einem knappen halben Jahrhundert als Königin 1603 starb, hinterließ sie an die 2000 Kleider und angeblich 60 zum Großteil rot gefärbte Perücken. Es heißt, sie habe nach zwanzigjähriger Verweigerung erst an ihrem Totenbett wieder nach einem Spiegel verlangt. Wie mag sie auf ihren eigenen Anblick reagiert haben?
»A pale Roman nose, a head of hair loaded with crowns and powdered with diamonds, a vast ruff, a vaster fardingale, and a bushell of pearls are the features by which every body knows at once the pictures of queen Elizabeth.«
Horace Walpole
Accessoires – ein Statussymbol
Kleidung macht den großen Auftritt und Eindruck, aber es gibt eine eigene Welt, die den feinen Schliff gibt und eine eigene Sprache spricht – gemeint sind Accessoires! Wir reden von Handschuhen, Fächern, kunstvollen Ziertüchern, Fazzolettos genannt, und Schmuck.
Diesen kleinen Kunstwerken wurde nicht nur in der Produktion, sondern auch in deren Verwendung große Aufmerksamkeit geschenkt! Heute sind es zum Beispiel die begehrten Handtaschen bekannter Modehäuser, die die tonangebenden modischen Signale setzen und wie Statussymbole zum Einsatz kommen.
Heute noch sind der Begriff „Fächersprache“ und die Wendung „den Handschuh werfen“ geläufig. Man konnte mit diesen Accessoires „sprechen“ und Signale senden. Fazzolettos waren beliebte (Liebes-)Geschenke! Sowohl Männer als auch Frauen trugen Kostbarkeiten von ihren Liebsten im Haar, oder – im 19. Jahrhundert sehr beliebt – aus dem Haar der geliebten Person gefertigten Schmuck.
(1557–1627)
Lucas I. van Valckenborch, 1579/80
Öl auf Leinwand
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 3246
Spitzenwerke
Die Halskrause war im 16. Jahrhundert ein unverzichtbares modisches Element. Sie wurde für Männer und Frauen gleichermaßen mit allergrößtem Aufwand erzeugt und signalisierte Luxus und hohen Rang.
Frans Pourbus d. J., 1603/04
Öl auf Leinwand
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 3385
Viele Meter Stoff wurden verarbeitet, in aufwendigen Prozessen gestärkt und in Form gebracht und in weiterer Folge mit kostbaren, filigranen Spitzen verziert. Die Konstruktionen waren zum Teil so groß und schwer, dass sie mit Drahtgestellen gestützt werden mussten.
Der Umstand, dass Grundnahrungsmittel der ärmeren Bevölkerungsschichten für die Herstellung der Krausen erforderlich waren, brachte sie immer wieder in die Kritik der Öffentlichkeit und machte sie zum Thema zahlreicher Karikaturen.
Die Tendenz einer Mode, immer manierierte Formen anzunehmen, führte auch hier zu einer neuen Entwicklung. Im 17. Jahrhundert werden die unglaublich aufwendigen und unbequemen Halskrausen sowohl bei Männern als auch Frauen von Umlegekrägen mit reichem Spitzenbesatz abgelöst.
Schmuckwerk
Hans Mielich, 1556 datiert
Öl auf Leinwand
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 3847
Sprechen wir heute von Schmuck und Juwelen, denken wir an Halsketten, Ohrringe, Armbänder, Ringe oder Diademe. Schmuck inkludierte aber auch Schuhschnallen, Gürtel, Haarnadeln, Pomander, Fächerhalter und Objekte die direkt auf die Kleidung genäht wurden und die in der Ausstellung ebenfalls zu sehen sind.
Im 17. Jahrhundert kam die sogenannte Parure, eine mehrteilige, aufeinander abgestimmte Schmuckgarnitur, als Statussymbol hochrangiger Frauen auf. Viele Gemälde belegen die Perfektion in der Abstimmung.
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Bodyshape
Um den Schönheitsidealen der jeweiligen Zeit zu entsprechen und den eigenen gesellschaftlichen Stand sichtbar zu machen, bediente sich der Adel in Renaissance und Barock imposanter Kleidung. Neben der Verwendung kostbarer Stoffe, bisweilen mit außergewöhnlichen Mustern, spielte vor allem die Silhouette eine entscheidende Rolle. Der Formung des Körpers wurde sowohl in der Männer- als auch in der Frauenbekleidung große Bedeutung beigemessen.
In Form gebracht – Darüber
Im 16. Jahrhundert dominierte die spanische Mode, die sich bei den Damenkleidern durch eine A-förmige Silhouette, bei den Männern, die kurze bauschige Hosen trugen, in einer schmalen Taille auszeichnete. Das Wams wurde für beide Geschlechter unverzichtbarer Teil der Oberbekleidung. Die Gesamterscheinung wirkte streng, denn die Kleidung war hochgeschlossen und nur durch Halskrause und Manschetten akzentuiert.
Unter Ludwig XIV., dem Sonnenkönig, dominierte dann Frankreich nicht nur das politische Parkett, sondern auch die Mode. À la française war nun angesagt: Galant und verspielt eroberten weite und weich fließende Hemden, Mäntel und Hosen sowie eine Unmenge an Schleifen und Bändern die Herrenmode an den Fürstenhöfen von Paris bis Wien und sogar Innsbruck.
In Form gebracht – Darunter
Um den kostbaren Roben den nötigen Halt zu geben, war eine entsprechende Unterbekleidung nötig, die natürliche Körperform wurde dabei weitgehend ignoriert. Wesentliche Bestandteile waren der kegelförmige Reifrock und ein zuweilen tief heruntergezogenes Mieder (Schnürbrust), welches das weibliche Körperideal formte.
Die Männerbekleidung bestand ebenfalls aus formgebender, mit Versteifungen ausgestatteter Unterkleidung. Das Wams als Oberbekleidung wurde von beiden Geschlechtern getragen. Während man bei den Frauen bis zum Boden reichende lange weite Röcke vorfindet, waren es bei den Männern kurze Pluderhosen (Heerpauke), häufig mit wattierter Braguette (Schamkapsel) und gestrickten Beinlingen.
Kindheit?
Die Kinderkleidung der frühen Neuzeit war weder altersgerecht noch bequem. Sowohl Mädchen als auch Buben trugen zunächst bis zum Alter von ca. sechs Jahren kleiderartige Gewänder, an denen sogenannte Gängelbänder angebracht werden konnten, die als Gehhilfe dienten.
Dem entwachsen, wurden Kinder mit Kleidung ausgestattet, die derjenigen der Erwachsenen glich und aus ebenso kostbaren Stoffen hergestellt wurde. In solchen Roben tritt der Nachwuchs auch in offiziellen Porträts auf, die nicht zuletzt den gesicherten Bestand der Dynastie demonstrieren sollten.
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Hinter den Kulissen
Herstellung und Reinigung der repräsentativen Kleidungsstücke waren in Renaissance und Barock ein aufwendiges Vorhaben. Die Mäntel, Schauben, Wämser, Röcke, Hosen, Kopfbedeckungen, Schuhe oder Handschuhe wurden nach oft komplizierten Schnittmustern aus kostbaren Materialien wie Seide, Samt, Wollstoffen, verschiedenen Pelzen, Leder etc. angefertigt. Das erforderte viel Wissen und Geschicklichkeit sowohl bei der Verarbeitung als auch bei der Pflege der Kleider.
Wann aber auch die Fürnemmern ihre Handschuch versorgen wöllen, mögen sie zu benennter warmen Sulzen unnd Essig ein dritten theil Rosenwasser giessen, … neben zwey Tröpfflein Schwefel: oder Zitron, oder auch Räßnägl öl …
Hippolyt Guarinoni, Pestilentz Guardien, Für allerley Stands Personen, 1612
Kleiderpflege & Hygiene
Bei Ober- und Überbekleidung war aufgrund der empfindlichen Materialien oft keine Feuchtreinigung möglich. Man behalf sich, indem man die edlen Stücke lüftete, ausklopfte, mit weichen Pinseln aus Tierhaar ausbürstete oder mithilfe von sogenannten Pomandern – mit unterschiedlichen Duftstoffen befüllten Anhängern – beduftete. Um sie vor Verschmutzungen durch direkten Hautkontakt zu schützen, trug man Unterbekleidung aus Materialien wie Leinen oder Baumwolle. Diese wechselte man häufig und wusch sie mit Wasser und reinigenden Zutaten wie Lauge oder Seife.
Schnittwerk
Zur Herstellung der oft komplexen Mäntel, Schauben, Wämser, Röcke und Hosen waren Schnittmuster hilfreich. Handgezeichnete Vorlagen tauchen erstmals in Schneider-Meisterbüchern des 16. Jahrhunderts auf. Sie dienten der idealen Platzierung auf den Stoffbahnen, um einen möglichst sparsamen Stoffverbrauch zu gewährleisten. Die wertvollsten Seidenstoffe wurden mit Silber- und Goldfäden gewebt und waren von geringer Stoffbreite.
Auch die Verwendung eines Gewebes mit einem Muster, das eine Richtung aufwies, konnte den Stoffverbrauch erhöhen. Je größer ein Motiv war, desto mehr Stoff wurde benötigt, um es über die verschiedenen Teile des Schnittmusters abgleichen zu können.
Hans Mielich, 1556 datiert
Öl auf Leinwand
Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 3846
Bereits in der Renaissance waren Gewebe mit geschnittenen und gehackten Mustern versehen worden.
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Historische Moden –
Eine Inspirationsquelle
So hat die Vorsehung mich … auf den Weg … der Mode gebracht, Ende der Siebziger-, Anfang der Achtzigerjahre. Jahre, die mit glitzernder Angeberei schwanger gingen, mit allzu neuem Geld und falschen Werten, die rasch abgewertet waren. Aber auch mit einem Optimismus, der ebenso anmaßend wie unternehmungslustig war.
Christian Lacroix, Couturier
Historische Mode … heute!
Die kontinuierlich im Wandel begriffene Mode erfindet nicht nur Neues, sondern hat sich immer auch von vergangenen Epochen inspirieren lassen. Wie einschneidend waren zum Beispiel die modischen Veränderungen in Reaktion auf die Französische Revolution!
Mit der Gründung des ersten Couture-Hauses durch Charles Frederick Worth Mitte des 19. Jahrhunderts kommen individuellere Stile zum Vorschein, die sich oftmals auf historische Vorbilder stützen. Wir haben internationale Designer befragt, wie diese Einfluss auf ihre eigene Arbeit und Kreationen nehmen – ihre Antworten finden Sie hier:
5 Modedesigner*innen, 4 Fragen – gestellt von der Modejournalistin Brigitte Winkler
Vivienne Westwood
Wann und warum haben Sie begonnen, sich mit der Mode vergangener Epochen auseinanderzusetzen?
Nach Punk und nachdem ich meine Punk-Entwürfe auf den Laufstegen in Paris gesehen hatte, beschloss ich, Modedesignerin zu werden. Ich beschäftigte mich mit der Geschichte der Mode, ich kopierte die historischen Schnitte ganz genau – und war begeistert von meinen Funden. Sie waren so ganz anders als die moderne Schneiderei, ihr Mit- und Gegeneinander im Zusammenspiel mit dem Körper. Die Modelle sahen aus, als würden sie sich bewegen, auch wenn sie stillstanden. Moderne Schneiderei glättet und ebnet alles ein, sodass es wie eine Hülle aussieht, gepolstert und tailliert, um der menschlichen Figur zu schmeicheln.
Kein anderer Designer hatte je so etwas entworfen. Sie nahmen es als Anregung, Inspiration, und stülpten es über das, was sie für die heutige Mode hielten. Ich nutzte die Möglichkeiten der modernen Technik, um die Massenproduktion von Kleidern zu ermöglichen. Auf der Suche nach ethnischen Schnitten beschäftigte ich mich auch mit Tilke1; ich wollte, dass die Tracht getragen aussieht. Aus der Verschmelzung dieser beiden Möglichkeiten entstand meine erste Kollektion Pirates.
Mein revolutionärster Entwurf war ein einfaches T-Shirt, das aus Rechtecken zusammengesetzt war und dessen Halsausschnitt ich knapp über der linken Brust platzierte, sodass dieses Oversize-T-Shirt wirkte, als ob es vom Körper fällt. Der Saum wies unregelmäßige, lockere Stiche auf. Es handelte sich um die ersten asymmetrischen Schnitte, die mittlerweile mein Markenzeichen geworden sind.
Haben einzelne Kleidungsstücke oder ganze Epochen historischer Moden Ihre Kreationen beeinflusst?
Ich unterrichtete Mode zuerst in Wien, wo Andreas2 studierte. Dann unterrichtete ich dreizehn Jahre lang in Berlin. Unsere Modeschauen waren eine Sensation.
In unserer ersten Modeschau liefen Studenten in historischen Kostümen vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert – die Kleider waren alle aus sehr feinem Leinen gefertigt, sodass es wie ein Aufzug von Gespenstern wirkte. Ich denke, das beantwortet Ihre Frage. Während der Zeit, in der ich unterrichtete, erfand und übernahm ich verschiedene Details und Tricks bei der Schnittführung, die ich dann in meinen Kollektionen verwendete.
Hat Sie die reine Optik der historischen Kleidungsstücke inspiriert oder spielen für Sie auch die politischen bzw. gesellschaftspolitischen Entwicklungen, die in vergangenen Epochen zur Ausbildung bestimmter Stile geführt haben, eine Rolle?
Ich wollte Kleider entwerfen, die getragen aussehen, weshalb ich den Oversize/Undersize-Look, also Kleider, die nicht richtig passen, und distressed fabrics, künstlich gealterte Stoffe, einführte. Inspiriert von einem Bild mit Piraten, verlieh ich den Taschen einen Used-Look – Hände reingestopft. Ich verwandelte den Hosenschlitz in eine riesige Gürtelschlaufe, durch die ich eine Schärpe zog. Der Schnitt der von Männern im 18. Jahrhundert getragenen Reithosen begeisterte mich, ein Schnitt, von dem ich annehme, er war bequem zum Reiten, denn die konvexe (nicht konkave) rückwärtige Mittelnaht bedeutete, dass das Gesäß nicht in einen riesigen Stoffballon gehüllt war. Ich machte auch den hinteren Teil des Ober- und des Unterschenkels voluminöser durch eine mit der rückwärtigen Mittelnaht verbundene Naht, die die Seitennähte überflüssig machte. Durch die radikale Verkleinerung der Stoffblase wurde daraus die erste nicht-passende, herunterhängende Hose, die aussieht, als hätten Piratenmuskeln diese Form geschaffen.
So arbeite ich, von der Geschichte ausgehend. Es ist aufregend herauszufinden, dass die viktorianische Schute, die wir für prüde und sittsam halten, von Frauen nach der Französischen Revolution getragen wurde. Jede Mode seit der Renaissance wurde von griechischen Statuen inspiriert. Beispielsweise Ludwig XIV., der von Kopf bis Fuß in Rüschenkaskaden gehüllt war und ein mit Spitzen verziertes Beinkleid trug. Der post-revolutionäre Romantiker in fleischfarbenen Wildlederreithosen mit hohem Bund, hauteng wie Strumpfhosen, und einem großen Leinentuch, das so spontan locker um den Hals geschlungen ist, dass es wie ein winziges, im Wind flatterndes Cape aussieht – eine Sublimation seiner Seele. Vionnet3 und ihre Erkenntnis, dass die Griechen für den Chiton manchmal den Diagonalschnitt verwendeten.
Kleidung diente der Repräsentation und war einst ein Statussymbol. Kann man auch die heutige Mode unter diesen Aspekten werten?
Ich nehme an, das bedeutet, dass Kleider deinen Status definieren. Kleider sind transformativ; sie dokumentieren den Unterschied zwischen arm und reich. Man kann das schon von Weitem an der Silhouette erkennen; man kann einen Intellektuellen etc. erkennen. Kleidung ist Ausdruck von Persönlichkeit und Anspruch.
1 Max Tilke (1869–1942) war ein deutscher Ethnologe und Kostümforscher.
2 Vivienne Westwood lernte ihren späteren Ehemann Andreas Kronthaler, ebenfalls Modedesigner, 1989 kennen.
3 Madeleine Vionnet (1876–1975) war eine französische Modeschöpferin.
Christian Lacroix
Wann und warum haben Sie begonnen, sich mit der Mode vergangener Epochen auseinanderzusetzen?
Soweit ich mich zurückerinnern kann und wahrscheinlich noch länger, bereits als kleines Kind, fühlte ich mich instinktiv zu allem hingezogen, was aus der Vergangenheit stammte, sei es in Geschichten, die mir erzählt wurden, auf Dachböden, in Städten, Zeitschriften, Antiquitätenläden, Museen usw. Ich fühlte mich vermutlich in der Gegenwart nicht so wohl, obwohl ich eine glückliche Kindheit verlebte, von meiner Familie verwöhnt, in einer schönen Stadt (und Arles erzählt immer von der Vergangenheit!). Ich fragte meine Großeltern ständig, wie es »früher« war, nach Gewohnheiten, Kleidern, Erinnerungen usw., und sobald ich zeichnen konnte, zeichnete ich ausschließlich historische Szenen und Mädchen/Frauen (ich hatte keine Ahnung, wie man Männer oder Tiere zeichnet!), die Kleider aus vergangenen Epochen trugen, die ich in Zeitschriften und Filmen studierte. Ich war und bin besessen, sammle seit fast siebzig Jahren Tonnen von Bildern, Stichen und Dokumenten, beschäftige mich selbstverständlich jeden Tag mit der Geschichte der Mode, jahrein, jahraus, vor allem, das muss ich zugeben, mit jener des 20. Jahrhunderts.
Haben einzelne Kleidungsstücke oder ganze Epochen historischer Moden Ihre Kreationen beeinflusst?
Eigentlich die gesamte Geschichte der Mode und ihre Darstellungen und Abbildungen eher als individuelle Stücke; praktisch alle Epochen, von der Renaissance bis ins 18., späte 19. und frühe 20. Jahrhundert, die Vierziger- und Sechzigerjahre. Bei der Zusammenarbeit mit manchen Regisseuren verwenden wir bei Kostümentwürfen gern Gemälde als Inspiration, versuchen, ihre Details zu kopieren.
Hat Sie die reine Optik der historischen Kleidungsstücke inspiriert oder spielen für Sie auch die politischen bzw. gesellschaftspolitischen Entwicklungen, die in vergangenen Epochen zur Ausbildung bestimmter Stile geführt haben, eine Rolle?
Nur das Ästhetische, Silhouetten, Formen und augenscheinliche Ambiente und Stimmungen für Mode. Sozio-politische Aspekte sind für die Bühne interessanter, sie verkörpern besser den Tiefgang einer Figur bzw. Rolle.
Kleidung diente der Repräsentation und war einst ein Statussymbol. Kann man auch die heutige Mode unter diesen Aspekten werten?
Bis 1968 gab es präzis definierte Regeln und verschiedene Optionen, sich zu kleiden, je nach sozialer Stellung, finanziellen Möglichkeiten, Einkommen, Bildung und Kultur. Aber in den Siebzigerjahren änderten sich Regeln und Traditionen. Multimillionäre konnten sich nun beispielsweise salopp oder wie Hippies kleiden, und die Mittelschicht begann, modischere Kleidung zu tragen dank leistbarer Labels, die sich an der Haute Couture bzw. trendigen Vorbildern orientierten. Heute ist es noch schwieriger, die soziale Stellung einer Person an ihrer Kleidung zu erkennen, denn alle tragen Sportkleidung. Den teuren, auf Laufstegen gezeigten Kreationen begegnet man viel öfter in Zeitschriften und den sozialen Medien als auf der Straße. Oder auf subtile, nur für Kenner erkennbare Weise, beispielsweise durch eine nicht kopierte Turnschuh-Marke, wo doch Kopien überall sind. Als offensichtlichere Statussymbole fungieren heute Autos, Urlaube, Hobbies, Wohnungen. Junge Leute versuchen eher Rapper, Sportstars oder Sänger nachzuahmen als Couture und Modelabels (außer bei Accessoires und Turnschuhen, wie das heute Louis Vuitton vormacht). Reiche Leute, die mit Luxusprodukten angeben, sind hauptsächlich in bestimmten privaten, exklusiven Kreisen in Russland, China, dem Nahen Osten zu finden; sie kommen nie in Kontakt mit Vertretern der Mittel- oder Unterschicht.
Mr Pearl
Wann und warum haben Sie begonnen, sich mit der Mode vergangener Epochen auseinanderzusetzen?
Ich wuchs bei meiner Großmutter auf, die Korsetts trug. Dadurch und durch Fotos meiner Urgroßmutter, die Schneiderin war, wurde ich erstmals auf die Mode vergangener Zeiten aufmerksam. Diese unvergesslichen Bilder waren der Auslöser meiner Liebe für Korsetts und alles, was dazugehört.
Haben einzelne Kleidungsstücke oder ganze Epochen historischer Moden Ihre Kreationen beeinflusst?
Ich interessiere mich für Kleidung und schmückende Accessoires aus sämtlichen Epochen, besonders aber für jene, die die Silhouette betonen. Natürlich gibt es individuelle Stücke aus verschiedenen Epochen, die mich sprachlos machen, zum Beispiel die silbernen und goldenen Hochzeitskleider der schwedischen Prinzessinnen, russische Hofkleider, die vom House of Worth1 entworfenen Roben der Kaiserin Elisabeth von Österreich, die Entwürfe von Charles James2, Uniformen und Männermode für formelle Anlässe.
Hat Sie die reine Optik der historischen Kleidungsstücke inspiriert oder spielen für Sie auch die politischen bzw. gesellschaftspolitischen Entwicklungen, die in vergangenen Epochen zur Ausbildung bestimmter Stile geführt haben, eine Rolle?
Natürlich fasziniert einen zuerst der starke visuelle Eindruck der Schönheit des Trägers und die Kraft, die davon ausgeht, bevor man beginnt, über die Symbolik dieses Anblicks nachzudenken und, was für mich noch wichtiger ist, darüber, wie diese Kleider konstruiert sind. Man ist bezaubert von den Techniken, mit denen die Kunsthandwerker in stunden-, monate- oder jahrelanger Handarbeit wahre Wunder erschufen.
Kleidung diente der Repräsentation und war einst ein Statussymbol. Kann man auch die heutige Mode unter diesen Aspekten werten?
Für mich hat sich vieles verflüchtigt. Ich finde, heute sieht man Opulenz und Extravaganz viel zu selten, sogar bei formellen oder höfischen Anlässen. Die Sprache der zeitgenössischen Mode bedient sich nur sehr begrenzter Ausdrucksformen von Schönheit, während die Welt in die Zukunft rast.
1 Der englische Modeschöpfer Charles Frederick Worth (1825–1895) gilt als der Begründer der Haute Couture.
2 Charles James (1906–1978) war ein englisch-amerikanischer Modeschöpfer.
Marine Serre
Wann und warum haben Sie begonnen, sich mit der Mode vergangener Epochen auseinanderzusetzen?
An der La Cambre1 belegte ich einen Kurs über die Geschichte der Mode und dabei interessierte mich speziell die Verbindung zwischen Kleidern und Geschichte, und besonders faszinierte mich, wie sich Kleider verwandeln, wie sie adaptiert werden und das Leben ihrer Träger vereinfachen und deren Bedürfnisse im Kontext der großen historischen Veränderungen reflektieren.
Haben einzelne Kleidungsstücke oder ganze Epochen historischer Moden Ihre Kreationen beeinflusst?
Ich bin wirklich hybrid. Ich denke nicht, dass mich ein Stück oder eine Epoche beeinflusst haben. Natürlich habe ich eine Sensibilität für bestimmte Epochen, aber ich verlange nicht von mir selbst, mich für eine zu entscheiden.
Hat Sie die reine Optik der historischen Kleidungsstücke inspiriert oder spielen für Sie auch die politischen bzw. gesellschaftspolitischen Entwicklungen, die in vergangenen Epochen zur Ausbildung bestimmter Stile geführt haben, eine Rolle?
Bei einer Form, einer Silhouette denke ich immer gleichzeitig auch an die sozio-politischen Entwicklungen. Ich sehe zwar Formen, aber ich schätze sie vor allem wegen ihrer Geschichte und kulturellen Bedingungen. Es ist mehr ein Hin und Her.
Mein ursprüngliches Interesse galt Frauenkleidern aus dem 19. Jahrhundert, wobei die visuellen Aspekte dieser historischen Mode und der dazugehörende sozio-politische Kontext miteinander im Wettstreit stehen und sich zugleich ergänzen.
Kleidung diente der Repräsentation und war einst ein Statussymbol. Kann man auch die heutige Mode unter diesen Aspekten werten?
Selbstverständlich. Wir können sie heute nicht als historisch bezeichnen, weil wir für die Gegenwart entwerfen, aber Kleidung hat mit Sicherheit eine historische Funktionalität. Man konnte ja bereits in den letzten zehn Jahren beobachten, wie sich die Mode verändert hat, die Weise, wie wir uns in Kleidern bewegen, alles wird immer weniger steif und einengend, freier, und dies stimmt sowohl für Frauen als auch für Männer. Wahrscheinlich hängt das zusammen mit der Weise, wie wir leben, handeln, uns Dinge vorstellen.
Mode ist immer die Reflexion historischer Ereignisse und der Zeiten, in denen wir leben – man denke nur an die Masken.
1 Die École nationale supérieure des arts visuels de La Cambre, besser bekannt als La Cambre, ist eine Schule für bildende Kunst in Brüssel.
Nicolas Ghesquière
Wann und warum haben Sie begonnen, sich mit der Mode vergangener Epochen auseinanderzusetzen?
Das war für mich immer schon spannend. Ich wollte mir vorstellen, was passieren könnte, wenn die Vergangenheit uns ansehen könnte. Mode ist ein Spiegel des gegenwärtigen Augenblicks. Für meine Arbeit bei Louis Vuitton ist es auch ein Vexierspiegel, in dem sich Epochen, Einstellungen und Rückblenden überschneiden können. Das Erstaunen über uralte Prinzipien hält an und leitet uns weiterhin.
Haben einzelne Kleidungsstücke oder ganze Epochen historischer Moden Ihre Kreationen beeinflusst?
Als Modeschöpfer habe ich immer versucht, Silhouetten, Techniken, Erinnerungen und Eindrücke von der Vergangenheit mit den aktuellsten Technologien zu kombinieren, um Mode für das Heute zu kreieren, die die Zukunft anspricht.
Hat Sie die reine Optik der historischen Kleidungsstücke inspiriert oder spielen für Sie auch die politischen bzw. gesellschaftspolitischen Entwicklungen, die in vergangenen Epochen zur Ausbildung bestimmter Stile geführt haben, eine Rolle?
Die Frage ist nicht, wessen Schuld es ist, dass wir dort sind, wo wir sind. Die Frage ist stattdessen, wohin wir als nächstes gehen.
Kleidung diente der Repräsentation und war einst ein Statussymbol. Kann man auch die heutige Mode unter diesen Aspekten werten?
Wichtig ist die Zeit als solche. Vor allem die Frage, was wäre, wenn uns die Vergangenheit sehen könnte. Was wäre, wenn wir im gegenwärtigen Moment die Geschichte mit zeitgenössischen Freiheiten konfrontieren könnten, die für das reine Vergnügen der Mode inszeniert werden?
Durch die Idee, die in den Porträts dargestellten Gewänder zum Leben zu erwecken, entstand eine spannende Kooperation mit der KunstModeDesign Herbststrasse in Wien. Die Schülerinnen der Bühnenkostüm- und Couture-Klasse schneiderten – von Gemälden der Ausstellung inspiriert – eindrucksvolle Roben, die in einem Editorial mit dem Titel Wer Tränen lacht, braucht sie nicht zu weinen im Ausstellungskatalog in Szene gesetzt wurden. Der gesamte Prozess – von der Auswahl eines Porträts über den ersten Entwurf bis hin zum Erarbeiten eines kompletten Ensembles – wurde filmisch begleitet und ist hier zu erleben.
Das Programm
KOOPERATION
KUNST MODE DESIGN
HERBSTSTRASSE
Angehende Kostümbildner*innen der KunstModeDesign Herbststrasse in Wien haben sich von den Gemälden der Ausstellung inspirieren lassen. Einige ihrer Arbeiten können im Zuge der Ausstellung in Augenschein genommen werden.
FÜHRUNGEN
Führungen durch die Ausstellung
jeden Fr, 15.30 Uhr
Kostümführungen durch die Ausstellung
jeden So, 15.30 Uhr
FÜHRUNGEN UND WORKSHOPS FÜR KINDER
Kinderführungen / Workshops
jeweils Sa, 19.6., 31.7., 21.8., 18.9., 2.10., 14.30 Uhr
Workshops im Rahmen des Innsbrucker Ferienzuges
jeweils Mi, 14.7., 11.8., 1.9., 14.30 Uhr
CURATORS’ CHOICE
Mode schauen –Die Kurator*innen machen die Sonderausstellung mit spannenden Geschichten lebendig
Mi, 30.6., 15.30 Uhr – Veronika Sandbichler
Mi, 21.7., 15.30 Uhr – Stefan Zeisler
Mo, 16.8., 15.30 Uhr – Veronika Sandbichler, Katja Schmitz-von Ledebur und Stefan Zeisler
Do, 16.9., 15.30 Uhr – Katja Schmitz-von Ledebur
Mi, 29.9., 15.30 Uhr – Stefan Zeisler
VORTRAG
Die Macht der Mode. Kostbare Garderobe aus Renaissance und Barock
Mi, 15.9., 18.30 Uhr, Eintritt frei
Vortrag von Kuratorin Katja Schmitzvon Ledebur
BEGLEITPROGRAMM
IM KAISERZIMMER VON SCHLOSS AMBRAS
Die Damen vom Schloss – eine Zeitreise
17.6. bis 3.10.
Von der Kunst der Tiroler Kleidermacher – eine Präsentation der Wirtschaftskammer Tirol, Mode und Bekleidungstechnik. Umsetzung der Modelle: Brigitte Huditz, Silvia Abendstein, Kerstin Radnetter, Claudia Lajda, Christian Neff sowie Schü
ler*innen der Modeferrari. Kreativdirektion: Carla Rumler
Mode hören – ein Podcast zur Sonderausstellung
Anlässlich der Sonderausstellung unterhalten sich Direktorin Veronika Sandbichler (eine der drei Kurator*innen der Ausstellung), der Historiker Thomas Kuster und die Kulturvermittlerin Katharina Seidl mit der Podcasterin Ulli Velano über kostbare Textilien, die Beziehungen von Mode, Macht und Wirtschaft sowie die Beschaffenheit dieser Garderoben, die bis heute namhafte Couturiers inspirieren.
Online-Vortrag
„Herrschende Mode – Mode der Herrschenden“
mit Kuratorin Katja Schmitz-von Ledebur
Die Entwicklung von Kleidermoden lag in vergangenen Zeiten nicht nur in den Händen der Herrschenden, sondern ihnen oblag zudem das Privileg, sich mit diesen Moden zu schmücken.
Kenntnis von den aufwendigen Roben haben wir heute unter anderem durch repräsentative Porträts. Ausgehend von einigen Gemälden des Kunsthistorischen Museums, die im Fokus der Ausstellung "Mode schauen" stehen, wird im Vortrag den Fragen nachgegangen, wie Mode im Bild dargestellt wurde, was sie uns noch heute über die Porträtierten verrät und inwiefern politische Faktoren die Entstehung von Mode beeinflusst haben.
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